Gemeinde   Untertagedeponie Herfa-Neurode

Mit dem Vorstand der KVA hatte ich die einmalige Gelegenheit die Untertagsdeponie Herfa-Neurode zu besuchen.

Hier nachfolgend mein damaliger Bericht:

Ich hatte am 27./28. Oktober 1995 die einmalige Gelegenheit die Untertagsdeponie Herfa-Neurod in 36266 Heringen (Werra) zu besuchen.

In diese Untertagsdeponie geht ein Teil der Filterasche und der Rauchgasreinigungsrückstände der KVA und die PCB-haltigen Transformatoren und Kondensatoren und seit neuem die Filterschlämme der Fairtec, heutige Chiresa.

Wir wurden durch drei Herren der Firma in Fulda abgeholt und mit einem Car nach Heringen gebracht. Dort konnten wir zuerst das Labor besuchen. Hier werden die angelieferten Materialien untersucht und es werden zum Teil auch Grundlagenuntersuchungen gemacht. Die Ausrüstung des Labors ist sehr umfangreich. Neben älteren Modellen von Analyse-Geräten konnten auch sehr moderne Geräte mit neuerer Technologie gezeigt werden.

Nach der Besichtigung des Labors sind wir zur Deponie gefahren. Dort erhielten wir einen theoretischen Lehrgang über bergmännischen Abbau und über die Deponiemöglichkeiten.

In der Grube wird seit ca. 100 Jahren und nach wie vor Kaliumsalz gewonnen. Dieses wird in bestimmten Schichten zwischen mächtigen 300 Meter dicken Salzschichten abgebaut. Über der Salzschicht ist noch eine 100 m dicke Tonschicht vorhanden, welche absolut wasserdicht ist. Das Kaliumsalz wird mit Förderbänder hinausgeführt und in einer Fabrik in verschiedenen Verfahren zu Dünger verarbeitet.

Der sogenannte Abraum (Rest) wird auf einem grossen Berg in der Grösse eines kleineren Jurahügels abgelagert.

Die Nutzung als Salz ist nicht möglich, da dieses im Vergleich zu anderen Salzvorkommen zuwenig rein, und dafür keine Markt vorhanden ist.

Das Zechstein-Salinar ist vor 240 Millionen Jahren entstanden. Damals verdunstete salzhaltiges Meerwasser durch starke Sonneneinstrahlung. So entwickelten sich Salzschichten, die zunächst durch eine insgesamt 100 Meter mächtige Schichtenfolge aus wasserundurchlässigem Ton und anschliessend Buntsandstein überlagert wurde. Durch die Tonüberdeckung ist die Salzlagerstätte gegen die wasserführenden überlagernden Schichten abgeschlossen und ist daher seit 240 Millionen Jahren im wesentlichen unverändert geblieben.

Das Gebiet des möglichen Abbaus ist riesengross. Ein im Verhältnis unwesentlicher Teil ist bereits abgebaut und ein nochmals unwesentlicher Teil des abgebauten Teils ist im Augenblick als Untertags-Deponie genutzt.

Während des Abbaus des Kalisalzes wird möglichst genau den Schichten von ca. 2.5..3 m Höhe gefolgt. In diesem Gebiet gibt es zwei Schichten, wiederum getrennt durch eine dicke Salzschicht. Zwischen den einzelnen Abbauräumen werden immer dicke Säulen belassen, auf welchen die darüber gelagerten Schichten liegen. Diese Säulen sind mit dreifacher Sicherheit ausgelegt und halten erwiesenermassen ein Erdbeben von der Stärke 5.5 ohne jeden Schaden aus. Bekannt durch ein Unglück auf Ex-DDR-Seite.

Nach erfolgtem Abbau wird das Gebiet relativ uneben und unaufgeräumt der Deponie-Mannschaft überlassen. Die Deponie-Mannschaft egalisiert die Strassen und zukünftigen Deponieräume. Sie sichert mit speziellen Maschinen die Decke mit Deckenanker.

   

Die Abfälle werden in die einzelnen Abbaukammern eingebracht. Es werden immer nur Materialien gleicher Art in die gleiche Kammer eingelagert. Zwischendurch wird die Kammer durch ein Mauerwerk abgetrennt.

Es werden nur Stahlfässer, teilweise doppelwandig, Stahlbehälter zugeschweisst und die sogenannten Big-Bag akzeptiert. Die Behälter müssen auf Paletten bestimmter Grösse angeliefert werden. Diese werden miteingelagert.

Es werden keine explosiven, keine selbstentzündenen, keine flüssigen, keine gasenden und keine radioaktiven Abfälle angenommen.

Die Abfälle werden per Bahn oder per Lastwagen auf vereinbarten Termin angeliefert. Es wird keine Zwischenlager gehalten. Die Abfälle gehen direkt von der Bahn oder vom Lastwagen mit dem Lift untertag und werden dort direkt ans richtige Ort gebracht.

Ich habe während der ganzen Rundfahrt nirgends auch nur ein Fass oder einen Sack herumstehen sehen.

Die Einlagerung ist derart organisiert, dass das Material jederzeit wieder herausgeholt werden kann.

Dies wurde in ein paar wenigen Fällen bereits praktiziert. Da der Aufwand relativ gross ist, muss der Nutzen am Material wesentlich sein.

Wir haben nach der möglichen Kapazität gefragt. Die Kapazität ist durch den vorhanden Schacht gegeben. Sie beträgt 100..125’000 m3 / Jahr. Sie wird im Augenblick nicht voll ausgenutzt.

Langfristig gesehen ist die Kapazität enorm. In der Grube wird in anderen Bereichen immer noch abgebaut. Es werden pro Tag 25’000 m3 abgebaut. Dh. 5 Tage Abbau entsprechen der Einlagerungskapazität von einem Jahr.

Anschliessend an die Information sind wir bergmännisch ausgerüstet worden.

Ich bin mir wie im Militär vorgekommen. Ein ältere Dame hat mich empfangen und nach der Schuhnummer gefragt. Nach abschätzendem Blick, wahrscheinlich nach der Grösse, wurde ich einer bestimmten Garderobe zugewiesen.

Dort lagen bereits neue Kleider bereit. Ein Bergmannshemd, einen weissen Overall, ein paar Wollsocken und einen Helm.

Umgekleidet wurden wir nach einer kurzen Instruktion mit einer Grubenlampe und einem Notatmungsgerät ausgerüstet.

Mit einem dreistöckigen Lift sind wir gegen das Wetter (Luftzufuhr in der Bergmannssprache) ca. 1000 m tief hinunter gefahren.

Untertags sind wir auf einen Mannschaftswagen gestiegen (alter Mercedes-Last­wagen, von welchem alles über ca. 1,8 m Höhe abmontiert worden ist).

Damit sind wir mit einem Tempo von Grössenordnung 50..60 km/h auf ausgeebneten Tunnels zu den verschiedenen Orten gefahren. Die Tunnels sind derart breit, dass die Fahrzeuge mit voller Geschwindigkeit kreuzen konnten.

Das Klima ist angenehm, absolut trocken und ca. 25 Grad warm.

Wir konnten verschiedene Stellen besichtigen:

- Probenlager: darin wird von jedem Material, welches eingelagert wird eine Probe aufbehalten

- verschiedene Einlagerungsstellen, unter anderem auch eine, in welcher wir Säcke der KVA finden konnten

- ein Gebiet welches für die Deponie aufbereitet wird

. die Decke, der Untergrund und die Seitenprofile werden ausgeebnet

. es werden Deckenanker angebracht

. mit Wasser wird der Boden verfestigt - hart wie Beton

. das überflüssige Material wird gebrochen und zum Strassenbau untertags verwendet

- unterirdische Werkstatt: zur Besichtigung dieses Teils mussten wir in den Abbaubereich und in die zweite Schicht wechseln; in der Werkstatt wird der Unterhalt aller Fahrzeuge bis zum 20 Tonnen Schaufelbagger gemacht. Eine normale Lastwagengarage ist ein Winzling gegen diese Werkstatt. Die meisten mechanischen, elektrischen und hydraulischen Arbeiten werden untertags ausgeführt.

Der Fahrzeugpark umfasst kleine Mercedes-Jeeps (Kunststoff-Carosserie), Mannschaftswagen (Mercedes-Lastwagen mit umgebautem Aufbau, als Lastwagen oder als Mannschaftswagen), verschiedene Gruppenbagger-Fahrzeuge, usw. usw.

Mein Eindruck:

- alles ist absolut trocken, es kann also davon ausgegangen werden, dass kein Wasser eindringen kann

- es herrscht eine unwahrscheinliche Ordnung; ich habe während dem ganzen Rundgang überhaupt nichts    herumstehen sehen, weder übertag noch untertag

- die Grösse des Gebietes und die Grösse der Räume ist gigantisch

 

Das Abbau- und Deponiegebiet liegt gerade an der Grenze zur Ex-DDR. Deshalb wurden wir von der Firma noch zu einem Besuch auf die Wartburg eingeladen.

Dazu mussten wir durch Ex-DDR-Land fahren. Der Todesstreifen ist ausser ein paar Wachtürmchen nicht mehr vorhanden. Man erhält aber einen Eindruck der Grösse des Niemandslandes durch das unbewohnte Gebiet. Mittendurch führte eine neue zweispurige, teilweise im Ausbau für drei Spuren befindliche Autobahn.

Es ist gewaltig, was in den letzten 5 Jahren investiert worden ist. Ganze Siedlungen wurden renoviert und grosse Gewerbezenter aufgebaut, viele Strassen neu gebaut oder renoviert.

Es ist aber gigantisch, was noch gemacht werden muss. Grosse Fabrikareale liegen brach. Die Wohnhäuser sind in weiten Teilen in einem desolaten Zustand. Die Honegger’sche Wohnbaulösung, die sogenannten Plattenhäuser (mit Betonfertigelementen über mehrere Stockwerke) müssen komplett renoviert werden, da es in den Wohnungen zieht. Die Strassen sind teilweise im Feldweg-Standard; der Busschauffeur bezeichnete sie als Stossdämpfer-Teststrecke.